Himmelsberg und Linde



Das Dorf Ute Schneidewindt

Himmelsberg liegt auf einem Berg, der dem Himmel ganz nah ist. Zumindest haben das die Zisterziensermönche im 13. Jahrhundert so empfunden. Deshalb haben sie der Ortschaft zu seiner Gründung diesen Namen gegeben. Aber es stimmt, wer von Kirchhain zehn Minuten nach Südenwesten fährt, der findet auf einer Anhöhe das 200-Seelen-Dorf. Himmelsberg ist ein Teil der Stadt Kirchhain. In dem Dorf gibt es eine Kirche, an die 60 Häuser, ein Backhaus, ein Gemeinschaftshaus, früher auch eine Dorfschule und eine Gastwirtschaft. Damals waren in Himmelsberg fast alle Menschen Bauern, es gab noch Wasser aus dem Brunnen und die Straßen waren noch nicht geteert. Die vielen Kinder spielten auf dem Kirchplatz Völkerball. Abends trafen sich die Erwachsenen unter der riesigen Linde, tranken einen Apfelwein oder ein Bier. Dabei erzählten sie sich die Dinge, die im Dorf vorgefallen waren. Von diesen Geschichten handelt das Buch. Und wer anderes sollte diese Geschichten erzählen als die alte Linde, die schon 1020 Jahre alt ist und sie alle gehört hat.


Die Linde Ute Schneidewindt

Die Linde von Himmelsberg ist ein besonderer Baum. Nach neuesten Messungen ist sie 1020 Jahre alt. Ihr Stamm hat einen riesigen Umfang. Etwa fünf Erwachsene müssen sich an die Hand nehmen, um sie zu umarmen. Bei Kindern sind es natürlich dreimal so viele, also fast ein ganze Kindergartengruppe. Es gibt Winter- und Sommerlinden. In Himmelsberg steht eine Sommerlinde. Ihre Blätter sind so groß, dass sie vor Regen schützen, wenn man ein Blatt auf den Kopf legt. Das Besondere an der Himmelsberger Linde ist, dass sie "geleitet" ist. Das bedeutet, dass man sich die Elastizität der Lindenäste zunutze gemacht und die unteren Triebe mit Bändern "gebunden" hat, so dass sie sternenförmig und in einer gewissen Höhe parallel zum Boden wachsen mussten. Das haben die Himmelsberger gemacht, weil auf den Ästen Musikanten sitzen und Musik spielen sollten. Zu diesen lustigen Klängen haben die Dorfbewohner gerne um die Linde herum getanzt. Weil alle Äste zum Sonnenlicht gen Himmel streben, wachsen sie nur ein Stück waagerecht und dann mit einem scharfen Knick nach oben. So ein unnatürlich gewachsener Baum könnte niemals von alleine gerade stehen. Deswegen haben die Himmelsberger ein Stützgerüst unter den Ästen gebaut. Die Linde ist so gewachsen, dass mehrere Kinder in ihr Platz haben. Für die kleinen Himmelsberger war die Linde früher ein Puppenhaus. Unten war die Küche und oben links und rechts Wohn- und Schlafzimmer. Heute darf man nicht mehr in und auf die Linde klettern, denn sie ist alt und bittet sich Respekt aus. Oder anders gesagt: Sie ist heute ein Naturdenkmal und steht unter Naturschutz. Nur wenn die Linde in die Zeitung kommt, wird mal eine Ausnahme gemacht. Dann darf schon einmal eine Autorin auf ihren Ästen Platz nehmen, damit ein Foto geschossen werden kann. Und natürlich hat auch Anna Lena, die Heldin aus dem Buch, die Linde erklettert.


Die Lesung in Himmelsberg

Vor gut 100 Interessierten wurde das Buch "Fast wie im Himmel - Geschichten von der Linde in Himmelsberg" am Sonntag (21. November 2010) im Dorfgemeinschaftshaus Himmelsberg vorgestellt. Der Kirchhainer Bürgermeister begrüßte die Gäste zur Lesung mit anschließender Signierstunde. Der Fernsehsprecher Dr. Hans-Josef Schöneberger las vier Kapitel daraus vor. Unter dem Titel "Tausendjährige Linde lernt sprechen" berichtete die Oberhessische Presse über die Veranstaltung. Auch die Online-Zeitung marburgnews berichtete am 21. November 2010 über die Buchpräsentation:


"Fast wie im Himmel" mögen sich die knapp 100 Besucherinnen und Besucher des Dorfgemeinschaftshauses in Himmelsberg am Sonntag (21. November) gefühlt haben. "Fast wie im Himmel" hatte die Marburger Autorin Ute Schneidewindt auch ihre "Geschichten von der Linde in Himmelsberg" übertitelt. Im überfüllten Dorfgemeinschaftshaus des Kirchhainer Stadtteils stellte die Wahl-Marburgerin am Sonntagvormittag ihr Erstlingswerk vor. Der Fernseh-Journalist und Nachrichtensprecher Dr. Hans-Josef Schöneberger las vier Kapitel aus dem originellen Kinderbuch vor. Anna Lena ist mit ihren Eltern zum verlängerten Woche aufs Land gereist. Ziel der Familie ist das kleine Dorf Himmelsberg. Dort trifft das Mädchen auf einen wundersamen Baum. Die Dorflinde erzählt der neugierigen Besucherin allerlei Geschichten vom Dorf, seinen Bewohnern, den Häusern und den Bräuchen. Außerdem erlebt Anna Lena auch einige kleine Abenteuer. Mit professioneller Intonation trug Schöneberger den - mitunter recht witzigen - Text vor. Den verschiedenen Personen verlieh der Sprecher dabei auch unterschiedliche Stimmen. Zwischen den Lachern ertönten gelegentlich kleine Rufe, wenn einer der Dorfbewohner sich selbst oder einen Bekannten in der Geschichte wiedererkannte. Denn Schneidewindts Buch ist eine erfundene Geschichte voller wahrer Geschichten aus Himmelsberg. Mit einer launigen und zugleich berührenden Rede hatte der Kirchhainer Stadtverordnetenvorsteher Willibald Preis die Lesung eingeleitet. Die Autorin verglich er dabei mit berühmten Marburger Schriftstellerinnen wie Sophie von Mereau, Bettina von Brentano oder Marie-Luise Kaschnitz. "Wenn Sie in dieser Liste später einmal dem Namen Ute Schneidewindt begegnen, dann können Sie sich an den heutigen Tag erinnern", wandte sich Preis ans Publikum. "Dann können Sie sagen: Ich bin dabeigewesen, als sie in Himmelsberg ihr allererstes Buch vorgestellt hat!" Die 37-jährige Autorin arbeitet beim Presseamt der Universitätsstadt Marburg. Das Buch hat sie in ihrer Freizeit geschrieben. Angeregt wurde die Idee zu der eigenwilligen Mischung aus Kinderbuch, Roman und Sachbuch durch die Dorferneuerer. Im Rahmen ihres Projekts wurde das Buch auch aus öffentlichen Geldern mitfinanziert. Bei den Bewohnern des 200-Seelen-Dorfes ist es offenbar auf große Gegenliebe gestoßen. Schon bei der Vorstellung hat die Autorin 250 Exemplare signiert. Die ehemalige marburgnews-Mitarbeiterin hat das Dorf mit den großen neugierigen Augen eines kleinen Kindes betrachtet. "Da steckt viel Herzblut drin", erklärte sie. Das merkt man dem Buch und insbesondere seinem wunderschönen Schluss auch ganz deutlich an. (fjh)


arte in Himmelsberg

Im September 2014 war ein Filmteam aus Frankreich in Himmelsberg. Die sechs Tage wollten die Filmemacher das Leben heute rund um die Himmelsberger Linde festhalten. Ob Tanzgruppe, Martinsspiel, Lesung oder Interviews unter dem Baum, eine lebendige Woche fand rum um die Linde statt. Die Dokumentation in Himmelsberg ist dabei nur ein Beitrag zu einer Serie von insgesamt zehn, alten Bäumen in ganz Europa. Mehrmals ausgestrahlt wurden die Dokumentationen im Oktober (26.-30.) und November 2015.